Prof. Dr. Bernhard Surholt
Westfälische Wilhelms-Universität,  Münster

Zur ökologischen Funktion der Bienen im Naturhaushalt

Bienen als Individuen stellen eine äußerst hoch entwickelte Lebensform dar. In noch einem erheblich höheren Maße gilt dies für das Honigbienenvolk, das so etwas wie einen „Superorganismus“ darstellt. Da über all dies aber auf Apisticus-Tagen schon öfter vorgetragen wurde, soll hier einmal ein anderer Ansatz gewählt werden. Die Bienen, ihre Funktion und Rolle sollen in dem jeweils vorhandenen Lebensraum eingeordnet werden. Es geht um folgende Fragen:

Was bedeutet eigentlich Natur und Naturraum, in dem die Bienen jeweils leben? Wie sah und sieht dieser aus und wie sah es in Mitteleuropa mit den Bienen über die zurückliegenden, z.T. sehr unterschiedlich ausgeprägten Zeiträume aus? Wie haben sich Natur und Umwelt in unseren Breiten über die Jahrtausende geändert und welche Lebensbedingungen fanden die Bienen jeweils vor?

Nach Ende der letzten Eiszeit (vor 15000 – 10000 Jahre) entwickelte sich die Naturlandschaften in Mitteleuropa über karge Felslandschaften - Tundren – Zwergstrauchgesellschaften, später wuchsen darauf Krüppelkiefern. Dann kam der Übergang zu Wald aus Weiden und Birken, dann wuchsen Eichenwälder. Überall gab es Blütenpflanzen. Vor ca. 5000 Jahren wanderte dann die Buche ein. Die zunächst hellen (Eichen-) Wälder wurden für einige Tausend Jahre im Sommer im Inneren dunkel. Wie kann man sich Lebensräume für die Bienen in diesem dichten sommergrünen Natur-Wald Mitteleuropas vorstellen?

Was geschah dann, als der Mensch in diese Naturlandschaft eindrang und später sesshaft wurde? Was änderte sich für die Bienen? Zunächst als Sammler und Jäger waren dessen Einflüsse nicht sehr groß, er siedelte nicht dauerhaft an einer Stelle. Später dann rodete er den Wald und legte Siedlungen an. Was passierte mit den Bienen bei diesem Übergang von Natur- zur Kulturlandschaft?

Der umgebende Wald wurde zur Energie- und Rohstoffgewinnung genutzt, für die Gewinnung von Dünger für Äcker und Gärten und als Futterquelle für die Tiere. Haustiere wurden immer wieder zur Weide und Mast in den Wald getrieben. Dies ging über viele Jahrhunderte, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Übernutzung der Wälder bedrohliche Ausmaße annahm. Die (Über-)Nutzung und Zerstörung der meisten Wälder durch den Menschen hatte aus dunklen Wäldern große lichtdurchflutete Räume geschaffen, und damit entwickelten sich viele „blühende Landschaften“. Bienen fanden reichlich Nahrung und Nistplätze.

Danach, im 19. Jahrhundert, erfolgte erneut eine totale Umgestaltung der Landschaft. Alles wurde in Parzellen aufgeteilt und die Art des Wirtschaftens wurde völlig umgestellt. Wald- und Landwirtschaft wurden entkoppelt, Industrie entwickelte sich rasant. Für die Bienen hatte das für längere Zeit kaum negative Folgen. Die umgestaltete Kulturlandschaft blieb über weitere Jahrzehnte (bis Mitte des 20. Jahrhunderts) reich an wechselnden Strukturen. Eine große Vielfalt von Blütenpflanzen und Bienen konnte sich hier halten.

Aber dann kam erneut ein rapider Wandel. Was ist in den letzten Jahren passiert, was ändert sich? Was können wir tun, damit bei all den Umwälzungen in unserer Umwelt die Bienen eine Zukunft haben und diese so ihre für Mensch und Umwelt lebenswichtigen Funktionen weiter erfüllen können? Dazu soll der Vortrag Beispiele zeigen und Anregungen zum Handeln geben.

In der Evolution hat es sich entwickelt, dass Bienen und viele Blütenpflanzen völlig voneinander abhängig wurden. Bienen können ohne die Blütenpflanzen nicht überleben, die entsprechenden Blütenpflanzen können dies ohne Bienen aber auf Dauer auch nicht. Bienen und im großen Stil die Honigbienen ernähren sich nicht nur von Nektar und Pollen, sie bestäuben auch die besuchten Pflanzen und sichern so durch Übertragen von Genmaterial langfristig die genetische Vielfalt dieser Pflanzenarten. Bienen stellen die wichtigsten Bestäuber in Mitteleuropa und wohl weltweit dar. Direkt und indirekt waren und sind sie für die Menschen und deren Überleben unverzichtbar. Viele Lebensmittel gäbe es ohne die Bestäubung nicht. Damit haben die Bienen grundsätzliche Bedeutung für den Menschen.