Dr. Ingrid Illies

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

Fachzentrum Bienen, Veitshoechheim

Imkerei im Spannungsfeld des Energiepflanzenanbaus

 

Der Lebensraum der Honigbiene in Mitteleuropa hat sich in den letzten Jahrhun-derten immer wieder verändert – von der ursprünglichen Pflanzenwelt mit einem hohen Anteil an Laubwäldern ist nur wenig übriggeblieben. Auch die heutige Kul-turlandschaft ist im Wandel – dieser Wandel wird maßgeblich von den Verände-rungen in der Landwirtschaft geprägt. Die Betriebe in der Landwirtschaft werden größer und auch der Anbau an Feldfrüchten verändert sich. Einige für Bienen attraktive Feldfrüchte sind verschwunden oder haben abgenommen (z. B. Rotklee). Diese Entwicklung betrachten viele Imker mit Sorge und fürchten den Verlust der Nahrungsgrundlagen für unsere Bienen.

Diese Sorge ist nicht ganz unbegründet, aber der Energiepflanzenanbau bietet auch Chancen. Ein gutes Beispiel ist dafür der Rapsanbau, der den Bienen im Frühjahr eine gute Nektar- und Pollentracht bietet.

Der hohe Energiebedarf in Deutschland und der Ausstieg aus der Atomkraft er-fordert die Nutzung verschiedener Ressourcen für die Erzeugung von Energie. 2010 stellten die Erneuerbaren Energien einen Anteil von 11 Prozent am Gesam-tendenergieverbrauch (Strom, Wärme, Kraftstoffe). Die Bundesregierung strebt in ihrem Energiekonzept für 2020 einen Anteil von 18 Prozent erneuerbarer Energien am Gesamtendenergieverbrauch an. Diese Steigerung soll einerseits durch Energieeinsparungen, aber auch durch den Ausbau erneuerbarer Energien erfolgen. Ein zentraler Baustein ist die Zunahme der Biogasproduktion. Dies wird zur Folge haben, dass auch der Anbau von Energiepflanzen steigen wird.

Die Nutzung von Energiepflanzen für die Biogasgewinnung hat dafür gesorgt, dass der Maisanbau in Deutschland zugenommen hat, insbesondere im Umfeld von entsprechenden Biogasanlagen. Im Jahr 2010 wurde in Deutschland auf 2,3 Mio ha Mais angebaut, davon wurden 1,8 Mio ha als Futtermittel und 0,5 Mio ha als Energiepflanze genutzt. Mais bietet als Windblütler den Bienen keinen Nektar aber immerhin Pollen.

Die Suche nach neuen Energiepflanzen und nach Anbausystemen ist in vollem Gange, und es gibt einige, auch für die Imkerei bedeutsame Kandidaten. Eine Pflanze, die viele Imker bisher nur aus botanischen Gärten kennen, ist die Durchwachsene Silphie, auch als Becherpflanze bezeichnet. Bisher noch im Ver-suchsanbau zeichnet sich aber bereits jetzt ab, dass sie eine gute Nektar- und Pollenpflanze ist, die über fast vier Wochen den Bienen Nahrung bietet.

Der Nachteil beim Anbau einzelner Pflanzen für die Biogasgewinnung ist der großflächige Anbau im Umfeld der Biogasanlagen. Im günstigsten Fall entstehen dort Massentrachten, die Bienenvölkern kurzfristig Nektar und/oder Pollen bieten.

Eine Alternative stellt ein Projekt der Abteilung Landespflege der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau dar, in dem an der Entwicklung von Wildpflanzenmischungen für die Biogasgewinnung gearbeitet wird.

Durch eine mehrjährige Standzeit ohne jährliche Bodenbearbeitung wird die Gefahr von Bodenerosion und Auswaschung von Nitrat und Pflanzenschutzmitteln in das Grundwasser vermindert. Durch gezielte Auswahl spätblühender Pflanzenarten kann eine einmalige Ernte pro Jahr, außerhalb der Setz- und Aufzuchtzeiten, ermöglicht werden. Blütenbesuchenden Insekten wie der Honigbiene, werden damit gleichzeitig wertvolle Nahrungsquellen im Sommer eröffnet, wenn das Blütenangebot abnimmt.

Voraussetzung für eine Umsetzung dieses Anbausystems zur Biogasgewinnung im größeren Maßstab ist es, ausreichend hohe Biomasseerträge pro Flächeneinheit zu erzielen.

Die ersten Ergebnisse zeigen eine hohe Leistungsfähigkeit des Anbausystems, insbesondere wenn der im Vergleich zum Maisanbau wesentlich geringere Pro-duktionsaufwand berücksichtigt wird. Eine abschließende ökonomische Bewertung kann jedoch erst erfolgen, wenn die Erträge für die nachfolgenden Standjahre ermittelt sind und vermehrt Praxiserfahrungen vorliegen.

Literatur:

Vollrath B., Kuhn W., Werner A.: „Wild“ statt „mono“ – neue Wege für die Bio-gaserzeugung. Erschienen in: LandInForm 1/2010, Seite 42-43