Dr. Friedrich Pohl
Lebensmittelüberwachung, Freie Hansestadt Bremen
Auslandshonig – was kommt auf den auf den Tisch?
Wer schützt den Verbraucher?

 

Menschen sind immer schon aus unterschiedlichsten Gründen durch die Welt gereist und haben dabei Pflanzen, Tiere und Krankheitserreger in fremde Länder gebracht – so auch nach Europa gebracht.

Die Eroberung der neuen Welt durch die Europäer brachte die Honigbienen überhaupt auf den amerikanischen und australischen Kontinent! Mit dem „Rücktransport“ wurden neben nützlichen Dingen wie Kartoffeln und Mais auch Krankheiten, z.B. Syphilis, nach Europa gebracht. Die Ureinwohner des amerikanischen Kontinents starben dagegen massenhaft an den aus Europa eingeschleppten Masern …

Heute will man die Verbreitung von Krankheiten und die Verschleppung von Pflanzen und Tieren vermeiden, indem für Importe und Exporte – das gilt auch für Reisende – gesetzliche Regeln und Kontrollsysteme aufgestellt werden.

In der EU gelten daher für Reisende und Importeure strenge Regeln:       
Wer aus besonderen Drittländern, z.B. aus der Türkei, mit dem Flugzeug in die EU nach Deutschland fliegt, wird vom Zoll nach Lebensmitteln wie Wurst oder Milchprodukten wie Käse gefragt. Es gibt auch Kontrollen des Gepäcks (Spürhunden entgeht nichts!), denn mit tierischen Lebensmitteln können die gefährlichen Erreger der Maul- und Klauenseuche eingeschleppt werden. Dies ist dem „normalen“ Urlaubsreisenden häufig gar nicht bewusst – der Ärger ist am EU-Flughafen vorprogrammiert, besonders dann, wenn neben dem Verlust der Waren auch noch Gebühren für die Entsorgung der Lebensmittel entstehen oder gar ein Bußgeld erhoben wird …

In Deutschland wird nur rund 1/3 des Honigs von einheimischen Imkern selber produziert, der Rest kann nur durch Importe aus EU- und Drittländern erfolgen. Neben anderen Trachten und Geschmacksrichtungen sind die Bedingungen zur Honigproduktion in vielen anderen Ländern „reichhaltiger“ als in Europa. Die Frage nach dem Schutz des Verbrauchers bei Lebensmitteln aus dem Ausland ist berechtigt – auch wenn Honig ein wenig verderbliches und daher unkritisches Lebensmittel ist. Für kritische Lebens- und Futtermittel (z.B. Fleisch, Milch, Fisch, lebende Tiere) sind daher die Kontrollmechanismen noch strenger als für Honig.

In der EU ist (fast) alles geregelt:     
Für die Einfuhr aus Drittländern besagt die EU-Verordnung 178/2002/EU Art. 11: „In die Gemeinschaft eingeführte Lebens- und Futtermittel, die in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht werden sollen, müssen die entsprechenden Anforderungen des Lebensmittelrechts erfüllen“. Unter diese Regelung fällt auch Honig, der in die EU importiert wird. Daher ist es rechtlich nicht möglich, aus jedem beliebigen Drittland der Welt Honig in die EU zu importieren. Eine Grundvoraussetzung ist die Zulassung des Drittlandes für den Import von Honig!

Dies regelt ein Beschluss der EU Kommission: Das Drittland muss Kontrollen für bestimmte Stoffe im Honig durchführen und der EU Kommission glaubhaft machen, dass dieses System (Untersuchungen zu einem Rückstandskontrollplan) gut funktioniert. Dann wird das Drittland auf eine entsprechende Liste aufgenommen.

Der Verbraucherschutz beginnt mit dieser „Auslese“ der Herkunftsländer, die einen Rückstandskontrollplan für das tierische Lebensmittel Honig überhaupt haben. Eine Honigsendung aus dem Drittland muss darüber hinaus mit einem Genusstauglichkeits-Zertifikat der Veterinärbehörde des Drittlandes begleitet werden.

Wie wird der Honig kontrolliert?       
Der Exporteur des Drittlandes bzw. der Importeur aus der EU meldet die Honiglieferung an der Grenzkontrollstelle (GKS) des EU-Lands an, so z.B. im Land Bremen bei der GKS Bremerhaven oder GKS Bremen. Hier werden 100% der Warensendung kontrolliert und zwar EU-weit an rund 300 GKS nach gleichen Standards:

Die Kontrolle beginnt mit den eingereichten Dokumenten, die für die Einfuhr nötig sind. Sind diese vollständig und nachvollziehbar, wird eine Nämlichkeitskontrolle durchgeführt: eine Prüfung der Übereinstimmung zwischen den Dokumenten bzw. Bescheinigungen und der Warensendung einschließlich ihrer Kennzeichnung. Nach einem festgelegten statistischen Schlüssel werden die Honigfässer einer Sendung beprobt und einer Untersuchung unterzogen. Falls Laboruntersuchungen notwendig sind (z.B. bei Verdacht auf Antibiotika oder Varroaziden im Honig), muss die Sendung solange im Hafen verbleiben, bis die Laborergebnisse vorliegen und gemäß den Bestimmungen ausfallen. Proben werden darüber hinaus auch im Rahmen des nationalen Rückstandskontrollplans gezogen.

Erst nachdem klar ist, dass alle EU Anforderungen erfüllt sind, darf die Ware zum Zoll weitergeleitet werden und ist nach dem Zoll „frei beweglich“ in der EU.

Warnmeldungen der EU        
Sind Waren eines Landes bei der Einfuhr in die EU aufgefallen und nicht EU-konform, dann wird dies über eine Datenbank übermittelt – bei jeder Einfuhr wird kontrolliert, ob es bestimmte Auflagen für das Land gibt: z.B. kann es sein, dass aus diesem Land keine Sendungen z.B. Honig eingeführt werden dürfen, bis das „Problem“ abgestellt ist und das Land wieder in die EU exportieren darf. Oder es gelten besonders strenge Kontrollen für alle Folgesendungen.

Maßnahmen bei der Beanstandung von Sendungen 
Honig, der die EU Anforderungen nicht erfüllt, kann zurückgewiesen werden: Der Container mit Honig muss mit einem Schiff den Hafen und damit die EU wieder verlassen und darf nicht in der EU eingeführt werden. Prinzipiell ist es auch möglich, dass die GKS die Vernichtung des Honigs anordnet.

Eigenkontrollen des Handels 
Der Einführer der Ware, der Honigimporteur, will verhindern, dass es zur Beanstandung an der Grenze kommt – es wäre ein finanzielles Risiko, wenn der Honig abgewiesen und ins Drittland zurück geschickt würde. Daher lassen sich Honigimporteure bereits aus dem Drittland Honigproben schicken, die sie im Labor untersuchen lassen. Durch diese Eigenkontrollen kann man beim Honig bereits ein hohes Qualitätsniveau feststellen. Es muss daher niemanden erschrecken, wenn 2/3 des Honigs in Deutschland eingeführt werden.

Ein Nachteil vieler Importhonige:    
Honigabfüllbetriebe sind immer ein potentielles Risiko für auslaufenden also frei zugänglichen Honig: Ein am Wochenende abgestellter Container kann undichte Honigfässer enthalten. Auslaufender Honig dringt so schnell nach außen und kann von den umliegenden Bienen eingesammelt werden. Enthält der Honig Sporen des Erregers der Amerikanischen Faulbrut, kann die Bienenseuche über diesen Weg ausbrechen bzw. verbreitet werden. Eine völlige Sporenfreiheit des importierten Honigs ist nicht gesetzlich erforderlich, da der Erreger für Menschen absolut unschädlich ist.

Daher empfehle ich, die Bienenvölker in der Nähe von Abfüllbetrieben mindestens 1x pro Jahr über Futterkranzproben zu untersuchen. Außerdem sind regelmäßige Kontrollen der Abfüllbetriebe durch die Veterinärbehörde sehr sinnvoll – insbesondere in der trachtarmen Zeit ab Juli! Falls der Amtstierarzt nicht bienenkundig ist, kann er zu diesem Zweck auch einen Bienenseuchensachverständigen mitnehmen. Durch gesetzliche Auflagen und Bußgelder kann man das Risiko für die einheimischen Bienen minimieren.

 

Container Terminal II in Bremerhaven – hier werden auch Container mit Honigfässern entladen. Foto (Pohl)

Dr. Friedrich Pohl ist Biologe und arbeitet im Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes Bremen als amtlicher Bienensachverständiger. Neben seiner Haupttätigkeit in den Bereichen Bienengesundheit und Bienenschutz im Pflanzenschutz steht er den anderen Fachabteilungen, insbesondere der Lebensmittelüberwachung und der Grenzkontrollstelle als Experte zur Verfügung. Viele Imker kennen ihn von seinen Imkerbüchern und Artikeln in der Imkerzeitung.