Prof. Christoph Künast

E-Sycon, Otterstadt

Die Biene im Naturhaushalt

 

Die Honigbiene ist nicht nur Honigproduzent, sondern auch der wichtigste Blütenbestäuber in Mitteleuropa und weltweit. Hierüber sind sich Imker und Bienenwissenschaftler sicher einig. Wenn man diese Aussage jedoch genauer hinter-fragt, stellt sich schnell heraus, dass konkrete Zahlen oft fehlen. Oder sie helfen zumindest nicht weiter, wenn man die Bedeutung der Honigbiene, und dies womöglich auch noch im Konzert mit den anderen blütenbestäubenden Insekten, ermessen will.

Der Begriff des „Naturhaushalts“ ist weit gespannt. Die Definition umfasst nicht nur die Gesamtheit der Tiere und Pflanzen und ihrer Wechselwirkungen, (womit sie in die Nähe des hochaktuellen Begriffs „Biodiversität“ rückt), sondern auch die abiotischen Elemente Wassert, Boden, Luft. Nun bestehen gerade in einer Kulturlandschaft, die vom Menschen geprägt ist, und speziell in einer Agrarland-schaft, die von Landwirtschaft geprägt ist, komplexe Wechselwirkungen zwischen Blütenbestäubern und den diversen vom Menschen bestimmten Aktivitäten. Kultur-und Agrarlandschaften sind nicht statisch, sie können sich schnell verändern, und zwar in einer Weise, die für jeden Imker hochrelevant sein kann: Wohin sind blühende Wiesen verschwunden, welche gegebenenfalls Tracht bietenden Kulturpflanzen werden verstärkt angebaut oder zurückgedrängt? Welche Trachtpflanzen können beispielsweise als „Neusiedler“ dazu kommen und wie werden sie bewertet? Wie kann Landwirtschaft die nötigen Erträge liefern und gleichzeitig den Naturhaushalt – speziell Blütenbestäuber – fördern? Der Bauer ist für den Imker in der Regel der direkte Ansprechpartner, wenn es ums Tagesgeschäft geht. Dabei sollte jedoch nicht übersehen werden, dass der Landwirt in ein Regelwerk eingebunden ist, in dem politische Entscheidungen, marktwirtschaftliche Einflüsse, landwirtschaftliche Innovationen und ökologische Faktoren - Klimaänderung ist das derzeit sicher meistdiskutierte Beispiel - aufeinandertreffen.

Eine Kernfrage ist, wie die Belange von Imkerei und ertragsorientierter Land-wirtschaft so weit wie möglich in Einklang gebracht werden können. Die Palette der möglichen Maßnahmen ist breit – viele sind augenfällig implementiert, wie beispielsweise Blühstreifen in manchen Regionen Deutschlands oder blühende Zwischenfrüchte oder Untersaaten. Sind hier die Möglichkeiten ausgeschöpft? Gibt es vielleicht Synergien zwischen Imkern und anderen Interessengruppen, die verstärkt werden können? Und, was auch immer an Aktionen gemacht wird – welche Auswirkungen haben sie möglicherweise vor dem Hintergrund der aktuellen und absehbaren Anforderungen an die Landwirtschaft, auf die zusehends auch die Rolle des Energieversorgers zukommt? Wie kann die Landwirtschaft ihre Aufgaben erfüllen trotz begrenzter Fläche und angesichts immer mehr Menschen, die es zu versorgen gilt? Wäre es nicht sinnvoll, über den regionalen und nationalen Tellerrand hinauszuschauen?

Der Vortrag hat nicht das Ziel, einfache Problemlösungen zu bieten. Stattdessen stellt er die Honigbiene und die Imkerei in Zusammenhänge, die über das reine Tagesgeschäft des Imkers hinausgehen. Er lädt ein zu einem gemeinsamen Blick auf die treibenden Kräfte hinter den Veränderungen der Agrarlandschaft.