Dr. Pia Aumeier
Ruhr-Universität Bochum, Bochum
Modulare Betriebsweise
mit wenigen Bausteinen zum Erfolg

5 Imker, 6 Meinungen und 99 Rezepte gegen Varroa. Wer soll sich da noch auskennen? Im BiV-Projekt (Betriebsweisen im Vergleich), testeten die Bieneninstitute in Celle und Hohenheim, sowie die Ruhr-Universität Bochum in enger Zusammenarbeit mit 150 Imkern aus ganz Deutschland zwei Betriebsweisen auf Herz und Nieren. Gefördert vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, standen 4 Jahre lang an insgesamt 2600 Völkern die Celler Rotation und die Hohenheimer Betriebsweise auf dem Prüfstand. Beide Methoden unterscheiden sich ganz elementar in puncto Jungvolkbildung und Spätsommerpflege. Wir wollten besonders wissen, ob die jeweils empfohlene Varroabekämpfung hält, was sie verspricht. Denn, so die Projektresultate, Völkerverluste hängen mit einer mangelhaften Varroabekämpfung zusammen. Standortbedingungen wie Klima, Tracht und Bienendichte sind dagegen weitgehend unbedeutend, genau wie der Beutentyp. Eine geeignete Bekämpfung der Milbe sichert gute Überwinterungserfolge, und zwar unabhängig davon, wie stark die Völkerverluste im Umfeld sind.

Nun können wir eine modulare Betriebsweise empfehlen, deren Bausteine Sie mit geringem Aufwand zu einem einfachen Konzept für dauerhaft fitte Bienenvölker kombinieren können. Von unseren Projektimkern auf Praxistauglichkeit geprüft, enthält sie nur sinnvolle und effiziente Schritte. Wer diese akkurat durchführt, für den sind Völkerverluste „Schnee von gestern“.

 

Bausteine für Imker

Im März zum Beginn der Salweidenblüte werden einzargig überwinterte Völker normaler Stärke unabhängig von der Witterung mit dem zweiten Brutraum erweitert (Modul 1). Besetzen Völker zu dieser Zeit weniger als drei Wabengassen, werden sie für drei bis vier Wochen über einem Absperrgitter auf starken Völkern saniert (Modul 2). Zur Kirschblüte wird überschüssiges Winterfutter entfernt, der Drohnenrahmen neben die Randwabe in den oberen Brutraum verbracht, dann werden Absperrgitter und Honigraum aufgesetzt. Frühzeitige und großzügige Erweiterung schadet Völkern nicht. Die Ex-Schwächlinge werden zur Kirschblüte gleichzeitig nach unten und oben mit je einer Zarge erweitert. So kann auch von ihnen noch Honig geerntet werden. Die dauerhafte Führung auf einer Zarge bewährte sich hingegen nicht. Sie erhöhte die Schwarmlust, erschwerte die Schwarmkontrolle und führte zu extremem Wildbau.

Von Mitte April bis Ende Mai kann aus jedem guten Wirtschaftsvolk in zweiwöchigem Rhythmus je ein Brutbrett mit viel verdeckelter Brut geschröpft werden (Modul 3). Das beugt der Schwarmlust vor und dient dem Aufbau neuer Völker. Die Ableger werden mit etwa 2.800 Bienen (3 Pfund-Honiggläser voll) und einer Futterwabe gebildet. Die Königin ziehen sie sich selbst. Die Ableger werden nicht zur Honigernte eingesetzt und können daher ohne Gefährdung der Honigqualität während ihrer brutfreien Phase mit Milchsäure eingesprüht werden. Über die „Völkervermehrung in vier Schritten“ können bis zu sechs einwinterungsfähige Jungvölker pro Wirtschaftsvolk entstehen. Und das ohne Minderung der Honigleistung. Etwa 25 % der Wirtschaftsvölker geraten trotz sanften Schröpfens in Schwarmlust. Regelmäßige Schwarmkontrollen im Abstand von sieben Tagen sind daher von Mitte April bis Ende Juni unverzichtbar.

Alternativ kann diesen schwarmlustigen Völkern nach dem Celler Rotationsverfahren während oder nach der Rapshonigernte über einen Treibling je etwa ein Kilogramm Bienen entzogen werden, das sind etwa 9.000 Individuen (Modul 4). Danach war die Schwarmlust im Projekt teils für einige Wochen gemindert. In einzelnen Jahren trugen die Völker während der Sommertracht jedoch nur etwa halb so viel Honig ein wie die nach Modul 3 schwächer geschröpften Völker. Erstaunlich war, dass die mit unbegatteter Königin und im Schnitt mit nur 2.800 Bienen gebildeten Hohenheimer Ableger gleich stark einwinterten wie die mit begatteter Königin und 9.000 Bienen gebildeten Celler Treiblinge. Die Volksstärke von Ablegern im November ist also nicht von ihrer Bildungsstärke abhängig. Wer auf Völkervermehrung setzt, sollte auch Treiblinge mit höchstens 4.000 Bienen bilden. Diese zeichnen sich zudem durch einen geringeren Varroabefall im September aus.

Von April bis Juli sollte so oft und so vollständig wie möglich Drohnenbrut geschnitten werden (Modul 5), und zwar im verdeckelten Zustand. Jedes Volk verfügt trotzdem noch über etwa 500 wild aufgezogene Paarungspartner für junge Königinnen. Im Projekt wurden die Baurahmen nicht oder nur schlecht angenommen, wenn sie – wie in der Celler Rotation vorgesehen – am Rand der unteren Zarge platziert wurden. In der oberen Brutzarge wurde mit fünf Rahmen etwa dreimal so viel Drohnenbrut geerntet. Das schlug sich in geringerer Schwarmneigung und deutlich niedrigerem Var­roabefall im Spätsommer nieder.

Elementarer Bestandteil jedes erfolgversprechenden Konzeptes ist es, dass der Imker beurteilen kann, ob eine Behandlung nötig ist und wie sie gewirkt hat. Dies ist möglich mit Hilfe der Gemülldiagnose (Modul 6). Drei- bis fünfmal wird eine weiße Bodeneinlage mit Rand für exakt drei Tage unter den Gitterboden geschoben. Die Einlage fängt die ohne Behandlung täglich tot herabfallenden Milben auf. Deren Gesamtzahl gibt Aufschluss über die Zahl der Milben im Volk. Alle Gemülldiagnosen gemeinsam kosten jährlich nicht mehr als fünf Minuten pro Volk. Achten Sie darauf, dass der Milbenfall nicht durch tote Bienen auf dem Gitterboden behindert wird. Im Projekt wurde jede Behandlung am Milbenfall ausgerichtet (siehe Abbildung).

Werden nur kurzlebige Sommerbienen parasitiert, führt das selten zu irreparablen Schäden. Normal starke Völker von etwa 20.000 Bienen ertrugen bis Mitte August ohne nachhaltigen Schaden 10.000 Milben. Dann jedoch sollte eine Entmilbung erfolgen, mit besonderer Sorgfalt bei den Wirtschaftsvölkern. Die komplette Brutfreimachung über Kunstschwärme und Brutscheunen im Spätsommer und Herbst sowie die nachfolgende Perizinbehandlung nach dem Celler Rotationsverfahren wurde zum Projektende 2012 nur noch von drei Imkern praktiziert. In West- und Süddeutschland erwies sich diese Methode wegen durchweg höheren Varroabefalls nur dann als praktikabel, wenn der Imker vorher intensiv Drohnenbrut geschnitten hatte. Ansonsten starben die Brutscheunen an Varroose. Die Wiedervereinigung der Jungvölker mit den zu Kunstschwärmen verarbeiteten Altvölkern hatte keinen nachhaltig positiven Effekt auf die Volksstärke. Sie wirkt sich aber negativ auf die Völkerbilanz aus und ist daher nicht empfehlenswert.

Seit 2009 wird eine weniger aufwendige Variante der spätsommerlichen Behandlung im brutfreien Zustand und der herbstlichen Völkerverstärkung erprobt (Modul 7). Hierbei wird im Juli/August zunächst das Wirtschaftsvolk in einen Flugling (im Honigraum, weiselrichtig) und einen Brutling (beide Bruträume, weisellos, oben auf oder abseits des Fluglings stellen) geteilt. Zwei Tage später wird der Flugling mit mindestens 100 ml Oxalsäure beträufelt. Bei starkem Befall wird das Träufeln nach vier Tagen wiederholt. 21 Tage nach der Teilung wird der Brutling auf eine Zarge reduziert und wie der Flugling behandelt. Wenn gewünscht, können Brutling und Flugling unter Erhalt der jungen Nachschaffungskönigin im Oktober rückvereinigt werden. Unter den teilnehmenden Imkern fanden der feste Terminplan, die einfache Wabenhygiene, die Möglichkeit der vollständigen Entnahme von Waldhonig, die Königinnenerneuerung, die Völkervermehrung und die überdurchschnittliche Volksstärke positiven Anklang. Jedoch erzielt das Beträufeln der locker sitzenden Teilvölker noch keinen hervorragenden Behandlungserfolg. An weiteren Optimierungen wird gearbeitet.

Größter Beliebtheit unter den Teilnehmern erfreute sich die Alternative: Spätsommerpflege nach Hohenheimer Methode (Modul 8). Abhängig von den Resultaten der Gemülldiagnose (vgl. Abbildung) werden Wirtschaftsvölker dabei erst ab Mitte August eingeengt. Dazu wird die untere Brutraumzarge mit Altwaben entnommen. Diese wird über drei Tage mit 85%iger Ameisensäure im Liebigdispenser entmilbt, dann aufgefüttert und zwischen Mitte und Ende September ein weiteres Mal für drei Tage entmilbt. Die Ameisensäure wirkt also nur zweimal drei Tage, erzeugt entsprechend wenige Brutschäden, behindert die Auffütterung nicht und ermöglicht die elementar wichtige Kontrolle des Behandlungserfolges. Wenn nach drei Tagen 100 ml Ameisensäure verdunstet sind, kann man von einem 95%igem Erfolg auf Milben auch in der Brut ausgehen. Behalten Sie die Außentemperatur im Blick! Achtung: 85%ige Ameisensäure ist nicht überall zugelassen, war jedoch die Variante mit zuverlässigeren Ergebnissen. Zwölf Tage nach Behandlungsende gibt der natürliche Milbenfall Aufschluss über die restlichen Milben.

Im November oder Dezember, wenn die Temperaturen möglichst unter 0 °C liegen, können Milben durch einmaliges Aufträufeln von Oxalsäure auf die eng sitzende Wintertraube besonders wirkungsvoll abgetötet werden (Modul 9). Etwa 80 % der getöteten Milben fallen in der ersten Woche nach der Behandlung, der Rest in den folgenden drei bis vier Wochen. Die wenigen überlebenden Milben richten bis zum nächsten Spätsommer keinen nachhaltigen Schaden an.

Einen umfassenden Bericht zum BiV-Projekt finden Sie im Deutschen Bienenjournal 05/06/08/11 2012.