Apisticus des Jahres 2023

Laudatio
für
Christa und Adolf Winkler

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr verehrte Gäste, liebe Imkerinnen und Imker,

der Verein zur Förderung der Bienenkunde der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen vergibt jährlich anlässlich dieser Veranstaltung den Apisticus des Jahres.

Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an Christa und Adolf Winkler aus Hohen Neuendorf. Damit werden ihre großen Verdienste um die Züchtung der Honigbiene gewürdigt. Für mich ist es eine große Freude, dass ich als Zuchtbeirat des Deutschen Imkerbundes die heutige Laudatio halten darf.

Unmittelbar nach Öffnung der Grenzen auf der Züchtertagung im Frühjahr 1990 in Bayern traf ich die Eheleute Winkler. Schon vorher hatte ich von Prof. Günter Pritsch, Leiter der Forschungsstelle Hohen Neuendorf und Berliner Züchtern über ihre umfangreichen Erfahrungen auf dem Gebiet der künstlichen Besamung von Bienenköniginnen gehört. Bald führten sie auch bei mir in Elsfleth über 21 Jahre jährlich für Züchter in Norddeutschland mit großem Erfolg Besamungen durch. Dabei kamen ihnen ihre Erfahrungen bei den Besamungsstützpunkten in der damaligen DDR zugute.

1978 suchte die Forschungsstelle für Bienenwirtschaft der DDR in Hohen Neuendorf – so berichtete mir Frau Winkler – eine Agrarwissenschaftlerin zum Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft „Künstliche Besamung“ um die Zucht der Carnica voranzubringen, denn man war ja weitgehend von Importen aus Österreich abgeschnitten. Da die Technik in der DDR sowohl bei der Forschungsstelle und einigen Züchtern, die bereits 1963 an einem Symposium zur künstlichen Besamung von Bienenköniginnen bei Vladimir Vesely in Dol / Tschechien teilgenommen hatten, praktiziert wurde, gab es in dem neuen Tierzuchtgesetz der DDR - in dem auch die Bienen integriert waren - die Forderung, dass in jedem Bezirk neben den Belegstellen eine Station für künstliche Besamung einzurichten sei.

Frau Winkler arbeitete sich an der Forschungsstelle rasch in die Technik ein, aber die aus Dol stammenden, von Vesely konstruierten Geräte waren für eine effektive Arbeit wenig geeignet. Da sprang ihr Mann ein und konstruierte eine Kolbenspritze mit Dosiereinrichtung. Das war in der Besamungstechnik eine bahnbrechende Erfindung. Damit konnten die Besamungsabläufe ganz anders organisiert werden, weil Spermaaufnahme und Besamung entkoppelt werden konnten. So war es möglich, zuerst für viele Besamungen Sperma aufzunehmen und anschließend die Besamungen durchzuführen. An der Forschungsstelle wurden so in großem Umfang für die Züchter Besamungen durchgeführt. Auch gab es Kurse zur Erlernung der Technik, so dass das Verfahren weitere Verbreitung fand.

Mit dem Auftreten der Varroamilbe Anfang der achtziger Jahre wurde ebenso wie in der BRD das Verbringen von Bienenvölkern und damit auch die Beschickung von Beleg- und Besamungsstellen untersagt. Man war noch der irrigen Auffassung, man könne den Parasiten ausrotten. Die Auflagen führten dazu, dass Christa Winkler nun in der gesamten DDR vor Ort bei den Züchtern Besamungen durchführte. Dazu hatte ihr Mann eine kleinere Apparatur gebaut, die sie leicht auf ihren Fahrten mit der Bahn zu den Imkern transportieren konnte.

Ihre Erfolge hatten sich nach der Wende auch in den alten Bundesländern herumgesprochen, so dass die Winklers bald viele Anfragen von Züchtern – sowohl Carnica- als auch Buckfastzüchtern – erhielten, um an Stützpunkten Besamungen für die Züchter der Region durchzuführen. So dauerte es nicht lange, bis Christa und Adolf Winkler nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Luxemburg und Belgien von Mitte Mai bis Ende Juli Besamungen durchführten. Ja, sogar bis Aserbaidschan führte sie ihr Weg. Ausfälle durch Krankheiten gab es nicht. Selbst mit gebrochenem Bein wurden die zugesagten Termine eingehalten.

Auf Grund ihrer Erfahrungen wurden die Zeiten der CO2-Narkose verändert und verkürzt, wodurch die spätere Umweiselungsrate erheblich reduziert wurde. Das Zusetzen der noch im Narkosezustand befindlichen Königinnen in einer Weiselwiege aus Zellstoff über einer Wabengasse, sicherte die Annahme der Königinnen. Durch die von Adolf Winkler entwickelte Kühlbox konnte Drohnensperma nun auch über Wochen zwischen den Besamungsstandorten transportiert werden.

Immer hilfsbereit und niemals überheblich gaben sie den Züchtern Ratschläge aus ihren umfangreichen Erfahrungen zur Drohnenaufzucht und Vorbereitung und Haltung der Königinnen vor der Besamung.

Christa und Adolf Winkler ergänzten sich dabei in geradezu idealer Weise:

  • Christa Winkler bei dem Umgang mit Königinnen und Drohnen sowie der Durchführung der Spermaaufnahme und der Besamung,
  • Adolf Winkler mit der Weiterentwicklung der Technik.

In mehr als 40 Jahren haben sie erheblich zur züchterischen Verbesserung der Bienen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in seinen Nachbarländern – unabhängig von der Zuchtpopulation – beigetragen. Dafür sagen wir dank und verbinden diesen Dank mit dem Apisticus 2023.

 

Münster, den 18. Februar 2023

Friedrich-Karl Tiesler
Zuchtbeirat des D.I.B.