Dipl.Oec.Troph.Frauke Maria Schönig
Kirchhain
Honig zwischen Kundengespräch und Ernährungswissenschaft

 

Honig hat immer wieder eine schlechte Presse. Er wird mit Zucker verglichen und als nicht besser bewertet. Nährwertanalysen belegen offenbar, dass am Honig gar nicht so viel dran ist wie die Imkerschaft gerne glaubt. Mit diesem Problem haben auch Imker im Kundengespräch zu tun, zusätzlich erschweren neue EU-Verordnungen das sachliche und umfassend informierende Gespräch zwischen Imker und Kunden.

Wer heute eine bestimmte Qualität glaubhaft belegen will, braucht dafür Studien, die nach wissenschaftlich exakten Methoden Ursache und Wirkung aufzeigen. Um also besondere Eigenschaften des Honigs wissenschaftlich anerkannt präsentieren zu können, benötigt es umfangreiche Studien, die unabhängig voneinander zum gleichen Ergebnis kommen. Das ist eine große Herausforderung zum einen finanzieller Art. Zum anderen ist der Versuchsaufbau schwierig, wenn nicht konzentrierte Forschungsschwerpunkte bestehen. So gibt es kaum Interesse, Honig in der Ernährung des Gesunden und noch weniger in der Ernährung des Diabetikers zu untersuchen. Der einzige wissenschaftlich gut belegte Effekt ist eine bessere Wundheilung mit Honig. Alle anderen guten Eigenschaften können immer wieder in Frage gestellt werden, da oben gestellte Mindestanforderungen an die Wissenschaftlichkeit nicht gegeben sind. Ein anderes Problem ist die Bewertung des Honigs in seiner Ganzheitlichkeit. Aus dieser Perspektive ist es nicht möglich, nur einzelne Substanzen zu untersuchen und zu bewerten. Hier besteht ein Konflikt zwischen einem eher mechanistischen Wissenschaftsansatz und einer Ganzheitlichen Untersuchung und Bewertung.

Ein ganz neues Hindernis für eine umfassende Verbraucheraufklärung kommt hinzu. Die vielleicht gut gemeinte Absicht, den Schutz des Verbrauchers vor irreführender Werbung EU-weit auf einheitliche Regeln zu stellen, zeigt sich in der Health-Claim-Verordnung Nr. 1924/2006. Das bisher im LMBG beschriebene Verbot der krankheitsbezogenen Werbung wurde umgewandelt in ein generelles Verbot, als Lebensmittelproduzent nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu machen, es sei denn, sie stehen in einer von der EU-Kommission verifizierten Positivliste. Nur über ein Antragsverfahren und akzeptierten wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Aufnahme in diese Liste möglich. Da auch eine Werbung mit Texten, Bildern oder Grafiken verboten ist, die auch nur suggerieren, dass z.B. Honig etwas mit Gesundheit zu tun haben könnte, gestaltet sich die Situation sehr schwierig – will man sich der schlechten Presse widersetzen oder als Imker seine Kunden beraten.

Die aktuellen Studien über Honig im Bereich des Kohlenhydratstoffwechsels bei Gesunden und Diabetikern sind rar. So gibt es nur vereinzelt leider nicht miteinander vergleichbare Studien, die zeigen, dass unter Honig Blutzuckerspiegel und Insulinbedarf niedriger sind als unter vergleichbaren Zuckern. Prof. Münstedt (als Mediziner und Imker in den Imker-Fachzeitschriften bekannt) aus Gießen versucht, systematisch weiterzukommen auf diesem Gebiet und kann belegen, dass diese Wirkung nicht nur auf den Fructoseanteil des Honigs zurückzuführen ist. Es wird u.a. eine diesbezügliche Wirkung von Isomaltulose vermutet. Unter dem Namen Palatinose hat Südzucker diesen Effekt biotechnologisch nachgebaut und ist seit 2005 auf dem europäischen Markt, natürlich gut abgesichert mit wissenschaftlichen Studien….

Im Bereich der Diabetes gibt es noch weniger verlässliches, im Vortrag werden die Grundzüge dargestellt und darauf hingewiesen, dass das eigentliche Problem das Übergewicht ist. Durch sinnvolle Gewichtsabnahme können die Verfettungen an Leber und Bauchspeicheldrüse abgebaut und der Stoffwechsel inklusive der Glucosetoleranz wieder normalisiert werden. Dies ist jedoch nur vorbeugend und in frühem Stadium der Diabetes möglich. Der „offizielle“ Richtwert für eine „unbedenkliche“ Honigmenge beträgt 20 g, in etwa der Belag für eine Scheibe Brot. Im Zuge der Selbstverantwortung steht jedoch einem kontrollierten Selbstversuch mit höheren Mengen nichts im Wege.

Im Zusammenhang mit Karies werden die Versuche von Prof. Dustmann immer wieder als unzureichend beschrieben, da sie nur in vitro durchgeführt wurden. Die Aktivität der Glucoseoxidase mit H2O2 als bakterizides Stoffwechselprodukt muss gegeben sein, aber auch die Feststellung, dass die Kariesbakterien Honig nicht als Nahrungsgrundlage für sich verwenden können, spricht für den Honig. Die passenden akzeptierten Studien wiederum liefert Südzucker mit der oben erwähnten Palatinose, so die Firma dafür auch entsprechend werben kann.

Sehr wichtig für die Zukunft des Honigs dürfte eine gesellschaftlich auch gewünschte ganzheitlichere Sicht auf Lebensmittel und gesundheitsfördernde Lebensmittel sein. Dies ist mit der allgemein üblichen Nährwertanalyse aber nicht zu realisieren. In den 80er Jahren gab es zahlreiche Bemühungen, Lebensmittelqualität umfassend zu beschreiben und Analysemethoden zu entwickeln. Sehr vielversprechend ist das Verfahren der Redoxpotentialmessung von Prof. Hoffmann aus Weihenstephan. Vor dem Hintergrund, dass nur schonend und „artgerecht“ aufgewachsene Lebensmittel nachgewiesenermaßen die Fähigkeit haben, als Reduktionsmittel unserem Körper die lebendigen Abläufe zu ermöglichen, zeigt sich hier eine große Chance, Honig und anderen „Bio“-Lebensmitteln die Wertschätzung zu geben, die sie auch verdienen.

Jeder Imker im Kundengespräch sollte um diese Dinge wissen und entsprechend geschickt zwischen den geschilderten Verboten und den berechtigten Wünschen der interessierten Kundschaft balancieren.