Prof. Dr. Christoph Künast
Eco-System Consulting, Otterstadt
Das Eh da-Konzept
ein Weg zu mehr Blüten und Bienen in der Agrarlandschaft

Vor allem nach der Blütezeit der landwirtschaftlichen Massentrachtpflanzen wie Raps und Obstblüte herrscht vielerorts Mangel an Bienentracht. Es gibt verschiedene Wege, hier Abhilfe zu schaffen. Einer davon ist das „Eh da-Konzept“, das hier vorgestellt werden soll.

Grundgedanke des Eh da-Konzepts ist, dass es in Agrarlandschaften (Siedlungen im ländlichen Raum sind hier eingeschlossen) Flächenressourcen gibt, die Raum für ökologische Aufwertung bieten. Derartige Flächen – „Eh da-Flächen“ – sind nahezu überall zu sehen. Sie sind, salopp ausgedrückt,  „eh da“, vielleicht sogar so häufig, dass wir uns an ihren Anblick gewöhnt haben und uns über sie nicht viel Gedanken machen. „Eh da-Flächen“ sind Offenlandflächen in Agrarlandschaften und in Siedlungsbereichen, die weder einer wirtschaftlichen noch einer naturschutzfachlichen Nutzung unterliegen“. Es handelt sich bei Eh da-Flächen demgemäß um weg- und straßenbegleitende Flächen (Böschungen, Weg- und Straßenränder, Verkehrsinseln), auch um Gemeindegrünflächen und Dämme. Diese Flächen werden oft als „Kleinflächen“ bezeichnet, was aber den Kern nicht trifft, denn viele Flächen sind zwar schmal, ziehen sich aber über große Strecken und nehmen damit nennenswert viel Raum ein. Nicht einbezogen in die Eh da-Definition sind Bracheflächen (die als zeitweise aus der Nutzung genommene Landwirtschaftsflächen betrachtet werden) oder Gärten (die privatwirtschaftlicher Nutzung unterliegen). Ebenso sind ausgewiesene Naturschutzflächen einschließlich Ausgleichsflächen nicht gemeint, weil diese naturschutzfachlich betreut werden.

Zunächst stellt sich die Frage – ist das Eh da- Flächenpotenzial gemäß dieser Definition überhaupt nennenswert, lohnt es sich, darüber zu reden? Dazu wurde eine umfangreiche Studie am Institut für Agrarökologie in Neustadt unter Nutzung von Geodaten durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass bei regionalen Unterschieden in Deutschland erhebliche Flächenpotenziale vorhanden sind.

Wenn es also Eh da-Flächen in einer Gemeinde oder Region gibt – wie können mehr Blüten auf diese Flächen kommen? Die Palette der Möglichkeiten ist groß, sie reicht von angepassten Mahdintervallen über Einsaaten von Blühmischungen bis zu Aushagern, also der indirekten Förderung blütenreicher Vegetation. Hier spielen regionale Gegebenheiten eine wesentliche Rolle.

Eh da-Projekte sind großräumig angelegt. Wie lässt sich eine Kommune dazu motivieren, eine derartige Initiative durchzuführen? Schließlich kostet sie Geld und Arbeit, und ein Projekt bedarf einer Planung. Erfahrungen zeigen, dass ein Eh da-Konzept in vielen Gemeinden positiv aufgenommen wird. Sowohl bei der Einführung des Eh da-Gedankens vor Ort wie bei der Projektplanung und –durchführung können Imker eine zentrale Rolle spielen. 

Wer sollte bei einem Eh da-Projekt beteiligt sein? Im Mittelpunkt steht nach den bisherigen Erfahrungen der Gemeinderat, weil hier einesteils wichtige Entscheidungen getroffen werden, über Ressourcen verfügt wird (das sind die nötigen finanzielle Mittel, aber auch die Zeit etwa des örtlichen Bauhofs oder die Einbindung vom Experten). Flächeneigner, Behörden und Naturschutz lassen sich auf Gemeindeebene einbinden. Auch hier können Imker wichtige Funktionen übernehmen! 

Geht es bei Eh da-Projekten ausschließlich um Interessen der Imker? Keineswegs. Von einem Eh da-Projekt profitieren verschiedene Elemente der biologischen Vielfalt, und wenn von „Bienen“ die Rede ist, bezieht sich das nicht ausschließlich auf die Honigbiene. Es gibt in Deutschland ca. 560 Bienenarten, von denen eine die Honigbiene ist. Die anderen, meist als „Wildbienen“ bezeichnet, zu denen beispielsweise Hummeln oder Solitärbienen zählen, werden von derzeit durchgeführten Eh da-Initiativen gefördert. Wildbienen müssen sich – im Gegensatz zur Honigbiene, bei der die Vermehrung in der Obhut des Imkers liegt – selbst um ihre Nachkommen kümmern. Dazu benötigen sie bestimmte Lebensräume, die ebenso wie die Trachtquellen in Eh da-Flächen liegen können und gezielter Pflege bedürfen.

Wem nutzt eine Eh da-Initiative? Die Imkerei findet Flächen für Trachtpflanzen. Es ist aber generell die „ökologische Dienstleistung“ Blütenbestäubung, die Landwirten und Gartenbesitzern zu Gute kommt und für die nicht nur die Honigbiene zuständig ist. Wildbienen spielen zusammen mit anderen blütenbesuchenden Insekten eine tragende Rolle. Schließlich sind viele Gemeinden motiviert, weil sie ein Eigeninteresse an ökologischen Projekten vor Ort haben. Eh da-Projekte sind sichtbar, Bienen und Blüten werden positiv wahrgenommen und geben die Grundlage für Diskussionen, die sich oft als sehr konstruktiv erweisen.

Wie ist der Stand der Eh da-Initiativen in Deutschland? In knapp hundert Gemeinden ist inzwischen der Gedanke auf fruchtbaren Boden gefallen, es liegen mehrjährige Erfahrungen vor. Schwerpunkt der Initiativen ist Rheinland-Pfalz, weil dort mit dem IfA Neustadt eine tragende Säule des Projekts lokalisiert ist, und auch, weil auf der Landesgartenschau in Landau das Konzept in Breite vorgestellt wurde und viele Gemeinden zur Mitarbeit motiviert wurden. Das Projekt erfährt politische Unterstützung, es ist beispielsweise in der Biodiversitätsstrategie Rheinland-Pfalz als geeignete Maßnahme zur Förderung der biologischen Vielfalt genannt.

Haben Eh da-Projekte den Anspruch, ein Allheilmittel für Mangel an Trachtpflanzen vor Ort zu sein? Diesen Anspruch haben sie nicht. Es gibt verschiedene Begrenzungen: Nicht jede potenzielle Eh da-Fläche ist geeignet und wird zur Verfügung gestellt, und auf vielen Flächen gibt es unerwünschte Effekte, die von benachbarten Arealen ausgehen (Straßenverkehr, Landwirtschaft, Siedlungsbereich). 

Was spricht für das Eh da-Konzept? Angesichts knapper werdender Flächenressourcen im Agrarbereich durch steigenden Flächenbedarf für Siedlungsbau, nachwachsende Rohstoffe (z.B. für Biogas) und Naturschutz, ist es nur konsequent, vorhandene Flächenressourcen möglichst optimal zum Schutz biologischer Vielfalt zu nutzen, und das schließt Bienentracht ein.

Träger des Projekts ist das „Forum Moderne Landwirtschaft e.V., Wilhelmsaue 37, 10713 Berlin“. Die fachliche Betreuung erfolgt durch verschiedene Experten, Schwerpunkt ist das „Institut für Agrarökologie – RLP Agroscience, ,Breitenweg 71, 67435 Neustadt“.