Apisticus-Tag Münster 2017

Grußwort Vizepräsident Karl Werring
Landwirtschaftskammer NRW

Ich begrüße Sie ganz herzlich hier im Atrium des Speichers 10 in Münsters Norden zum 26. Apisticus-Tag Münster.

„Biene und Mensch“ so lautet das Thema der diesjährigen Veranstaltung. Das Spannungsfeld zwischen Menschen und Bienen soll von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Zum einen sind es die Produkte aus dem Bienenvolk, die uns Menschen als Heilmittel von den Bienen zur Verfügung stehen und die vor allem in der Apitherapie eingesetzt werden. Verschiedene Vorträge werden die Gewinnung von Pollen, Bienengift und Gelée royale beleuchten.

Imkermeister Anton Reitinger aus Österreich wird in Workshops heute und Sonntag ausführlich die Fertigung und Anwendung von Propolis besprechen. Der Einfluss des Menschen auf die Honigbienen soll in den Vorträgen von Dr. Wallner und Dr. Scholz dargelegt werden. Zum einen ist es die Rückstandsproblematik aus Varroabehandlung und Pflanzenschutz, zum andern sind es Verfälschungen des Bienenwachses, die gerade in letzter Zeit die Reinheit und Naturbelassenheit dieses einzigartigen Produktes gefährden.

Die Globalisierung bringt neue Feinde und Parasiten für Honigbienen in unser Land. Der Beutenkäfer ist in Kalabrien angekommen und bedroht nun auch unsere heimischen Bienen. Andreas Platzer, Bienenfachberater aus Südtirol, wird uns über den neuesten Stand der Invasion informieren und auch die Gefahr der Invasion der Asiatischen Wespe über Italien und Frankreich thematisieren. Diese Hornissenart hat sich im Beuteerwerb auf Honigbienenvölker spezialisiert und kann hier großen Schaden anrichten. Andreas Platzer wird versuchen, die oft emotional geführte Diskussion zu versachlichen.

Wenn man „Biene und Mensch“ zum zentralen Thema einer Veranstaltung macht, kommt man um das Phänomen des sogenannten „Bienensterbens“ nicht herum.

Wir wissen, dass es vornehmlich die Varroamilbe ist, die zu starken Winterverlusten bei den Bienen führen kann, wir wissen, dass auch Sekundärinfektionen mit Viren die Überlebenskraft der Bienenvölker schwächen und auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft schwächt die Völker und kann bei unsachgemäßem Einsatz zu Schäden führen.

Nun haben aber renommierte deutsche Wissenschaftler der Universität Halle den auf lang übersehene Zusammenhänge gerichtet.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte am 19. Januar des letzten Jahres unter der Schlagzeile „Die Einheit, der Welthandel und der Bienentod“, dass die beiden Hallenser Biologen Robin Moritz und Silvio Erler für das sogenannte Bienensterben in erster Linie nicht die industrielle Landwirtschaft, auch nicht die Varroamilben oder den Klimawandel primär verantwortlich machen, sondern vielmehr und hauptsächlich das globale Weltgeschehen, die Weltpolitik, den Welthandel und das allgemeine sozioökonomische Geschehen. Die Forschung der beiden renommierten Wissenschaftler galt in erster Linie nicht dem Sterben der Bienen, sondern dem Sterben der Bienenvölker. Krankheiten, Umweltgifte und der Klimawandel mögen die einzelne Biene töten, aber ob ein ganzes Bienenvolk stirbt, liegt weitgehend in der Hand des Imkers selbst, seiner Fürsorge und Pflege, seiner Fachkompetenz und Sorgfalt bei der Völkerführung. In den Fokus der Ursachen des sogenannten Bienensterbens gerät also der Imker selbst. Oder besser, die Frage, ob in einem Land oder einer Region Menschen bereit sind, Bienenvölker zu halten, ob Menschen bereit sind, für einheimischen Honig gute und gerechte Preise zu zahlen.

Dies haben beispielsweise nach der Wende die Imker der neuen Bundesländer hautnah erfahren. Als der staatlich subventionierte Preis des Honigs wegfiel und auch in Ostdeutschland 4-5 EUR je Pfund bezahlt werden mussten, brach der Honigmarkt ein, 50 % der Bienenvölker verschwanden. Kunden greifen zu Billighonigen aus Übersee und verschmähen deutsche Honigqualitäten: keine Honigkunden, kein Honig, keine Bienenvölker keine Imker.

Nach Recherchen der Wissenschaftler ist die Zahl der Bienenvölker in Europa seit 1989 um sieben Millionen gesunken. Weltweit dagegen ist ihre Anzahl in 50 Jahren um 60 % gestiegen. Dies vor allem in jenen Ländern, die billig Honig produzieren und viel davon nach Europa exportieren können. Chinesischer, südamerikanischer und mexikanischer Honige sind bei uns wesentlich beliebter als deutsche Honigherkünfte, weil billiger. So lohnt es nicht in Deutschland Bienen wirtschaftlich zu halten und deshalb tut es keiner mehr. Daran ist auch Ferrero nicht ganz unschuldig. Der nussig, cremigsüße Nuttela-Aufstrich verdrängt das Naturprodukt Honig immer mehr vom Frühstückstisch. Unser Kaufverhalten und unser Essverhalten nehmen maßgeblich Einfluss auf die Zahl der Bienenvölker in Deutschland. Dies ist somit ursächlich mitverantwortlich für den Bestäubermangel und der wahre Hintergrund des vielbeschworenen und gern zitierten Bienensterbens.

Die Wissenschaftler Moritz und Erber konnten belegen, dass in jenen Ländern mit hohem Honigimport die Zahl der Bienenvölker sinkt und in jenen mit lukrativem Honigexport die Zahl der Bienenvölker merklich steigt.

Fatal an dieser Situation ist, dass in unserem Lande der Bestäuberbedarf auf Feldern und Obstwiesen sehr hoch ist. Weltweit schätzt man den Anstieg des Bedarfs an Bestäubern auf 300 Prozent. Es fehlen nicht nur in der Natur Bestäuber, sie fehlen maßgeblich auch in der Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, wir freuen uns sehr, dass in den letzten Jahren immer mehr Menschen wieder zur Imkerei finden, doch gibt es unter ihnen viele Idealisten, die nur wenige Völker für die Natur und die Bestäubung in ihrem Garten halten, teils wollen sie sogar gar keinen Honig ernten. Sie wollen sich in erster Linie für den Bestäuberschutz einsetzen. Ja, manche kaufen weiterhin Billighonig im Supermarkt.

Das „Verschwinden der Bienen“ aus unserer Umwelt hat wie schon vor Jahren eine englische EU-Studie belegte zu tiefgreifenden Veränderungen in unseren heimischen Pflanzengesellschaften geführt und der Veränderungsprozess ist noch nicht gestoppt. Es gibt immer weniger insektenblütige Pflanzen, immer weniger mehrjährige und ausdauernde Blütenpflanzen. Die Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften verschiebt sich hin zu einjährigen Arten und windblütigen Gräsern. Dies hat auch zur Folge, dass die Tierwelt, die abhängig ist von Pflanzen, Samen und Früchten sich verändert und an Diversität verarmt.

„Biene und Mensch“ eine wechselseitige Abhängigkeit? Was bedarf es, um diese Verbindung zum Wohle der Natur, zum Wohle der Menschen und der Bienen zu verändern?

Der Mensch selbst ist gefragt, umfassend aufzuklären, Verständnis zu fördern und Bewusstheit zu schaffen. Der Bürger, die Imkerschaft, die Imkervereine und Verbände, der Natur- und Umweltschutz, die Behörden und letztendlich auch die Politik, alle sind eingeladen, mitzuwirken.

Letztendlich sind es solche Veranstaltungen wie der Apisticus-Tag Münster in denen Verbraucher, Experten, Praktiker und Naturfreunde eingeladen sind, das Thema Bienen, Bestäubung, Honig, Natur und Umwelt von allen Seiten zu beleuchten.

„Biene und Mensch“ Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, das „Verschwinden der Bienen“ aufzuhalten!

So darf ich Ihnen einen interessanten und lehrreichen Apisticus-Tag wünschen mit lebhaften Diskussionen, angeregten Gesprächen und tiefen Einsichten in das Spannungsfeld Biene – Mensch.