Dr. Ingo Scholz
Ceralyse Labor, Celle
Verfälschung im Bienenwachs

Bienenwachs ist ein gefragter Rohstoff sowohl in der Pharma-, Kosmetik- und Kerzenindustrie, als auch als vorgeprägte Mittelwände essentieller Bestandteil in der Bienenzucht. Da es sich bei Bienenwachs zwar um einen nachwachsenden, aber relativ limitierten Rohstoff handelt, dessen Preis in den letzten Jahren stetig gestiegen ist, ist eine Qualitätskontrolle sinnvoll und wichtig.

Die Bestandteile vom Wachs einer europäischen Biene lassen sich grob wie folgt einteilen: ca. 67 % sind Ester, ca. 14 % Kohlenwasserstoffe, ca. 12 % freie Fettsäuren, ca. 1 % Alkohole und ca. 6 % sonstige Stoffe, wie z.B. Aromen, Farbstoffe etc. Da der Naturrohstoff Bienenwachs seit jeher besonders von der Industrie gefragt ist, steigt der Preis seit Jahren am Weltmarkt. Da die Nachfrage das Angebot besonders bis in die 90ger Jahre überstiegen hat, wurde schon früh nach Möglichkeiten gesucht, mit dem vorhandenen Bienenwachs die Nachfrage zu decken. Insbesondere hinsichtlich des Anteils an Kohlenwasserstoffen wurde und wird Bienenwachs mit billigen, industriell hergestellten Kohlenwasserstoffen (Paraffin, Intermediate und Mikrowachs) versetzt. Neben Paraffin sind es in der letzten Zeit vor allem Stearin und in einigen Fällen Fett und synthetische Ester, die als billige Zusatzstoff zum „Verlängern“ eingesetzt werden.

Die Kosmetik und Pharmaindustrie hat daher bereits seit Mitte der 1960er Jahre gelbes und weißes (gebleichtes) Bienenwach in das Europäische Arzneibuch (Pharmacopoeia Europaea) aufgenommen und somit verbindliche Kennzahlen für ein „reines“ Bienenwachs festgelegt. Bei diesen Kennzahlen handelt es sich (neben den vorgeschriebenen Eigenschaften wie Aussehen, Geruch, Dichte) um den Tropfpunkt, die Säure-, Ester- und Verseifungszahl, sowie ein Test auf Ceresin, Paraffin und andere Wachse und ein Test auf Glycerol und andere Polyole. Ähnliche Kennzahlen und Vorgaben hat auch die Lebensmittelindustrie mit der E901 getroffen. Beiden Regelwerken gemein ist, dass sie keine Angaben zum Gehalt an Gesamt-Kohlenwasserstoffen, oder Grenzen für den Zusatz von anderen Stoffen beinhalten. Solange die Kennzahlen stimmen, wird das Wachs häufig als reines Bienenwachs akzeptiert. Eine Vorgabe über die Menge an Gesamt-Kohlenwasserstoffen findet sich nur in der RAL-GZ 041, dem Gütesiegel für Bienenwachskerzen. Hier wird ein Bienenwachs mit 18% Gesamt-Kohlenwasserstoffgehalt als reines Bienenwachs angesehen. Wenn man diese 18% auf den Literaturwert von 14,0 % bis 14,5 % an natürlich vorkommenden Kohlenwasserstoffen im Bienenwachs bezieht, bedeutet das, dass ein Bienenwachs mit ca. 4 % Paraffin versetzt sein kann und trotzdem als reines Bienenwachs gilt. Auch lässt sich mit etwas Geschick Bienenwachs herstellen / mischen, welches den Kennzahlen der Ph. Eur. und E901 entspricht, aber sowohl Paraffin, als auch Stearin, Ester und Fett enthält.

Für die Hersteller von Mittelwänden und somit insbesondere für die Imkerei stellt dieses verunreinigte Bienenwachs nicht erst seit dem aktuellen „Bienenwachsskandal“ ein großes Problem dar. „Reines“ Bienenwachs für die Kerzenindustrie wurde und wird für die Produktion von Mittelwänden eingesetzt. Wirklich reines, unverfälschtes Bienenwachs wird durch Paraffin, welches man in einer Vielzahl von eingesetzten Mittelwänden findet, bei der Umarbeitung kontaminiert, oder es wird sogar extrem verfälschtes Rohwachs oder daraus hergestellte Mittelwände in den Umlauf gebracht, da es keine Richtlinien, Normen oder andere Regelwerke für Bienenwachs für die Verwendung als Mittelwand existieren. Hier wird dringend eine Regelung benötigt, die die Imker vor der Verwendung von verfälschten Mittelwänden schützt und den Herstellern von Mittelwänden eine Richtlinie in die Hand gibt, wie ihre Produkte auszusehen haben.

Verfälschte Mittelwände stehen im Verdacht zu vielfältigen Problemen zu führen. Der Zusatz von Stearin führt z.B. zu einem sehr harten Wachs, was vermutlich den Schlupf der Larven beeinträchtigt. Der Zusatz von niedrig-schmelzendem Paraffin vermindert nicht nur den Schmelzpunkt des Wachses, sondern kann auch zu einem „Zusammensacken“ der ausgebauten Mittelwände führen. Der Einfluss von synthetischen Estern oder Fetten konnte noch nicht umfassend erfasst werden.

Verunreinigtes Bienenwachs lässt sich ausschließlich über ein Gas-Chromatogramm (GC-Fingerprint) sicher nachweisen. Diese Methode ermöglicht es, alle gängigen Zusätze eindeutig aufzuzeigen. In Kombination mit der Bestimmung der Gesamt-Kohlenwasserstoffe, können dann Zusätze mit Paraffin quantifiziert werden.